An der Stelle, wo jetzt der Choraltar der Kapelle steht, wuchs früher eine mächtige Tanne. Aus diesem Baum erklang zu wiederholten Malen nachts ein lieblicher Gesang. Der Besitzer des Hofes, dem dieses missfiel, liess die Tanne umhauen, aber der Gesang erklang noch mächtiger. Da setzte der Bauer an die Stelle, wo der Baum gestanden, der Muttergottes einen Bildstock. Auch jetzt hörte der Gesang nicht auf. Da erbaute der Bauer unter Mithilfe seiner Nachbarn ein kleines Bethäuschen.
Bald kam zu diesem Häuschen ein grosser Zulauf aus der Umgebung, und die Spenden flossen rasch zu einer ordentlichen Summe an. Darüber wurde der Pfarrer von Sempach unwillig, und er versuchte auf jede Weise den Zulauf des Volkes nach Gormund zu verhindern. Dem Sigrist von Hildisrieden verbot er, den Leuten den Weg nach Gormund zu zeigen.
Kurz darauf befielen den Pfarrer heftige Bauchschmerzen, dass er zu sterben glaubte. In seiner Not versprach er, selbst nach Gormund zu pilgern, wenn er genese. Er wurde gesund und wanderte nach Gormund. Er war bekehrt und ermahnte seither selbst das Volk, dorthin zu wallfahren und eine Kapelle zu erbauen. Die Kapelle wollte er am Fusse der Anhöhe errichten, aber so viel man auch bei Tage baute und mauerte, bei Nacht fiel alles wieder zusammen, und so begann man die Kapelle auf der Anhöhe zu errichten, wo sie noch heute steht.
Aus: Luzerner Sagen, gesammelt und erzählt von Kuno Müller, Luzern 1964